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Schulen USA
© Monkey Business - AdobeStock

Schulen in Deutschland und den USA: Ein Vergleich – Teil 1

Ein internationaler Schulwechsel ist immer ein Abenteuer. Neues Land, fremde Unterrichtssprache, ungewohnte Abläufe. Je exotischer das Zielland ist, desto eher informieren sich Expat-Familien bereits im Vorfeld des Auslandsaufenthaltes über mögliche Schulvarianten vor Ort. Wieso es jedoch sinnvoll ist, sich unabhängig vom Zielland genauestens über das jeweilige Schulsystem zu informieren, erfahren Sie in unserer zweiteiligen Reihe „Schulen in Deutschland und den USA: Ein Vergleich“.

Ein Fallbeispiel

Familie Heining zog vor zehn Jahren mit ihren zwei Kindern nach New York. Sohn Tim wurde in die dritte Klasse, Tochter Sarah in die zweite Klasse der öffentlichen Schule im gehobenen Wohndistrikt der Heinings eingeschult. Die beiden Kinder lernten sehr schnell Englisch, fanden sich gut in den Unterricht und das Schulsystem ein und schlossen schon bald Freundschaften. Nun steht zehn Jahre später die Rückkehr nach Deutschland an. Tim hat gerade sein High School Diploma (HSD) in der Tasche. Er plant nun in Deutschland Medizin zu studieren. Sarah hat die 11. Klasse der High School beendet und möchte in Deutschland Abitur machen. Leider treffen beide Kinder in Deutschland auf erhebliche Probleme.

High School Diploma wird in Deutschland nicht anerkannt

Tims HSD ist in Deutschland nicht ausreichend, um eine Hochschulzugangsberechtigung zu erhalten. Er muss bestimmte Fächerkombinationen während der High School nachweisen und einen vorgegebenen Notendurchschnitt erreicht haben. Zusätzlich werden entweder zwei Studienjahre an einer anerkannten Hochschule auf College Niveau verlangt (wieder mit vorgegebener Fächerkombination) oder die erfolgreiche Teilnahme am SAT (Scholastic Assesment Test), ACT (American College Test) oder AP (Advanced-Placement Prüfung).

Zudem müssen auch deutsche Studienbewerber ohne deutsche Hochschulzugangsberechtigung die Deutsche Sprachprüfung für den Hochschulzugang (DSH) bestehen. Hier werden Deutschkenntnisse in Wort und Schrift auf dem Level B1/C1 abgefragt. Tim hat zwar in seiner Familie immer Deutsch gesprochen, allerdings fehlen ihm für die Sprachprüfung die nötigen Rechtschreib- und Grammatikkenntnisse und er stellt fest, dass er erhebliche Wortschatzlücken hat. Viele Fachwörter kennt er nur auf Englisch. Für Tim ist also das Studium in Deutschland nicht so einfach zugänglich, wie er glaubte. Im besten Fall hat er in der High School die richtige Fächerkombination belegt. Dann muss er nun noch einen der amerikanischen Hochschulreifetests bestehen und seine Deutschkenntnisse verbessern, bevor er mit dem Medizinstudium beginnen kann.

Schulen USA
High School Diploma ermöglichen nicht immer den Hochschulzugang in Deutschland (Foto: Jeremiah Lawrence – Unsplash)

Zweite Fremdsprache gefordert

Sarah möchte das deutsche Abitur machen. Ein Einstieg in Klasse 12 ist ihr fachlich ohne Weiteres zuzutrauen, allerdings hat Sarah in den USA keine zweite Fremdsprache belegt. Diese ist für das deutsche Abitur unbedingt notwendig. Wer in der Mittelstufe keinen zweiten Fremdsprachenunterricht erhielt, muss in den drei Oberstufenjahren durchgängig die zweite Fremdsprache belegen. Sarah muss daher in der Eingangsstufe beginnen, das heißt auf G8-Schulen in Klasse 10, auf G9-Schulen in Klasse 11, um noch drei Jahre Fremdsprachenunterricht zu gewährleisten. Auch Sarah hat Probleme mit dem Schriftdeutsch. Besonders die ungenügende Rechtschreibung und der eingeschränkte Wortschatz drücken ihre Noten. Sie muss nun zügig ihre Deutschkenntnisse verbessern, um die Abiturnoten nicht zu gefährden.

Um solche Hindernisse in der Bildungslaufbahn der Schüler zu umgehen, muss bei einem Wechsel auf ausländische Schulen immer im Voraus geprüft werden, welche Abschlüsse im Ausland erzielt werden können und wie diese in Deutschland anerkannt werden. Zudem ist die Weiterführung des deutschen Sprachunterrichts unumgänglich, um einen flüssigen Wiedereinstieg in das deutsche Schul- oder Bildungssystem zu ermöglichen.

Vergleich deutscher und amerikanischer Schulen

Im Folgenden sollen das deutsche und amerikanische Schulsystem in ihren Ähnlichkeiten und Unterschieden kurz skizziert werden. Die Tabelle stellt die unterschiedlichen Schulformen mit ihren jeweiligen Abschlüssen vor.

Schulen USA und Deutschland Vergleich

Ähnlichkeiten

Sowohl in Deutschland als auch in den USA sind aufgrund der föderalistischen Staatsformen die einzelnen Bundesländer beziehungsweise Bundesstaaten für die Schulbildung zuständig. In Deutschland beschließen die Kultusministerien der Länder jeweils eigene Schulcurricula, die durchaus voneinander abweichen können. Ebenso ist die Schulpflicht in jedem Bundesland unterschiedlich geregelt, dauert im Allgemeinen jedoch neun bis zehn Jahre.

In den USA sind innerhalb der Bundesstaaten die Schulbezirke für die Gestaltung des Schulsystems und die Dauer der Schulpflicht zuständig. Somit sind auch innerhalb der Staaten die Schulstufen von Ort zu Ort unterschiedlich gegliedert. Diese Komplexität wird durch die Vielzahl von Privatschulen, neben den staatlichen Schulen, noch intensiviert.

Schulformen in Deutschland

Die Schulpflicht beginnt mit dem Besuch der Grundschule (Primarstufe). Ein vorausgehender Vorschulbesuch ist nicht obligatorisch. Der Unterricht erfolgt von der 1. bis 9. beziehungsweise 10. Klasse in Klassenverbänden. Oft erhalten die Schüler bis zur dritten Klasse ein Beurteilungszeugnis, in einigen Bundesländern aber auch bereits ab der ersten Klasse Noten. Die Benotung erfolgt von 1 (sehr gut) bis 6 (ungenügend). Vor Beendigung der 4. Klasse sprechen viele Grundschulen sogenannte „Schullaufbahnempfehlungen“ aus, das heißt die Grundschule schlägt, je nach Begabung,  für das jeweilige Kind entweder den Besuch der Hauptschule, Realschule, Gymnasium oder Gesamtschule vor.

Von der 5. bis zur 10. Klasse (Sekundarstufe I) besuchen die Schüler die gewählte Schulform (Hauptschule, Realschule, Gymnasium, Gesamtschule). Auf der Integrierten Gesamtschule (IGS) haben die Schüler die Möglichkeit, zwischen den drei vor-genannten Schulformen zu wählen. Gesamtschulen unterrichten im Kurssystem (A-Kurs = Gymnasialniveau, B-Kurs = Realschulniveau, C-Kurs = Hauptschulniveau). Der Besuch einer IGS hat den Vorteil, dass die Schüler individuell, entsprechend ihren Fähigkeiten und Begabungen in den einzelnen Fächern unter Umständen in unterschiedliche Kurse eingestuft werden.

Die dreijährige gymnasiale Oberstufe (Sekundarstufe II) schließt sich ab Klasse 10 (in G8) beziehungsweise Klasse 11 (G9) an. In fast allen Bundesländern wurde 2003 aufgrund einer Schulreform die Umstellung auf das Abitur nach der 12. Klasse durchgeführt (G8). Mittlerweile kehren jedoch wieder einige Bundesländer zu G9 zurück, da der Leistungsdruck durch den Wegfall eines ganzen Schuljahres für alle Beteiligten, insbesondere für die Schüler, zu groß ist. Das Land Niedersachsen ist das erste Bundesland, das mit dem Schuljahr 2015/2016 wieder zu G9 zurückkehrt.

Es besteht auch auf dem zweiten Bildungsweg die Möglichkeit an Abendschulen und Kollegs Schulabschlüsse sowie auch das Abitur nachzuholen.

Das duale Bildungssystem in Deutschland ermöglicht, sich sowohl einer akademischen Laufbahn (Hochschulabschluss) zuzuwenden als auch einen Lehrberuf zu erlernen (Berufsausbildung). Die Berufsausbildung ist eine praktische Ausbildung im Betrieb, die von einer theoretischen Ausbildung an einer Berufsschule ergänzt wird.

In Teil 2 des Beitrags erfahren Sie näheres über die Schulformen in den USA, die größten Unterschiede sowie Empfehlungen von Experten, um Fallstricke bei einem Schulwechsel ins Ausland zu umgehen.