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Profisport
© Andrea Sachs - Fotolia.com

Ob Mesut Özil auch Heimweh hat? Expat-Probleme im internationalen Profisport-Alltag

Der Profisport wird immer internationaler. Zwei Drittel aller Nationalspieler bei der Fußballweltmeisterschaft in Brasilien spielen während der Saison im Ausland (Brasilien 83 Prozent, Argentinien 87 Prozent, Deutschland 27 Prozent, Russland 0 Prozent, nach Pew Research Center 6. Juni 2014). Beim internationalen Transfer steht dabei klar das Interesse am hohen Leistungsniveau im Vordergrund. Dass jedoch nicht längst jeder Profisportler für den Umzug ins Ausland geeignet ist, zeigen Fälle wie der von Jesus Navas. Ein begabter spanischer Fussballer, der erst durch Therapien sein extremes Heimweh und Reiseangst besiegen musste, bevor er sich bei Manchester City einlebte. Selbst Superstar Neymar ließ sich als Teenager nicht von Real Madrid unter Vertrag nehmen, weil er zu viel Heimweh hatte.

Profisportler im Ausland- Ein Einzelfall?

In den Medien wird natürlich über die Millionentransfers von Özil, Messi, und Neymar berichtet. Aber dass die Branche viel mehr internationale Mobilität beweist, zeigen Zahlen wie zum Beispiel die über 5.000 Brasilianer, die in den entferntesten Ecken der Welt köpfen und kicken. In der Deutschen Basketball Bundesliga dribbeln und dunken mehr als die Hälfte der Profis mit einem ausländischen Pass (61 Prozent), während 93 Fussballer, 76 deutsche Basketballer und 36 deutsche Profivolleyballer im Ausland ihr Glück versuchen. Der Profisport zieht also junge talentierte Sportler und Sportlerinnen ins Ausland, oftmals ohne Millionenverträge, aber mit der Hoffnung auf neue Herausforderungen, eine fremde Kultur und eine internationale Sportlerkarriere. Aber mit welchen Problemen haben sie im Alltag zu kämpfen?

„Have an open mind to new experiences and immerse yourself into the culture.“

In Interviews mit über 100 Profisportlern (Fit across Cultures, 2013) wird schnell klar, dass typische Expatprobleme auch bei Sportlern und Sportlerinnen vorkommen. Selbst Real-Madrid-Star Mesut Özil hat also manchmal Heimweh. Neun von 10 befragten Profisportlern gaben an, dass ihr Auslandstransfer mit Stolpersteinen verbunden war. Mehr Hilfe beim Spracherwerb und mehr Wissen und Verständnis über die lokale Kultur gibt jeder Zweite als benötigte aber nicht ausreichend vorhandene Hilfestellung an. Persönlich hat fast die Hälfte der Sportler mit der Kommunikation außerhalb des Teams und Vereins zu kämpfen, mehr als ein Drittel klagt über fehlenden Möglichkeiten, mit Familien und Freunden zuhause enger in Kontakt zu bleiben.

Soziale Isolation und Heimweh, sowie kulturelle Anpassungsschwierigkeiten sind andere oft genannte Quellen für Frustration und Missverständnisse. Die Profisportler zeigen jedoch auch spezielle Herausforderungen im internationalen Profisport auf. Der Trainerstil als die größte Quelle für professionelle Probleme steht dabei an der Spitze, dicht gefolgt von der Kommunikation im Team.

Beeinflusst Heimweh die sportliche Leistung?

“Have an open mind to new experiences and immerse yourself into the culture. How you feel off the court and how comfortable you are affects your performance as an athlete…”  spricht Stanley Ocitti, Basketballspieler aus Ghana/Niederlande mit Erfahrung auf vier Kontinenten, aus Erfahrung.

Es stellt sich tatsächlich die Frage, ob diese Herausforderungen und die Vielfalt im Team die sportliche Leistung beeinflussen. Würde etwa ein Mario Gomez in deutschen Gefilden eine bessere Leistung abliefern können, als zuletzt in Italien?

Fakt ist, dass Ablenkungen und mentaler Stress sich auf die Abrufbarkeit der Maximalleistung auswirken können. Die ersten Monate in einem neuen Land wirken sich dabei besonders auf gelernte Automatismen aus. Man muss den Alltag viel aufmerksamer gestalten (zum Beispiel Autofahren in neuen Verkehrssituationen, Einkaufen), so dass weniger Konzentrationsvermögen und Energie für die eigentlichen Aufgaben übrig bleibt. Die Batterien sind schneller leer. Wenn man da nicht zu den wenigen Superstars gehört, stößt man dank wenig Hilfeleistung (nur sieben Prozent bekamen professionelle Dienstleister beim Transfer zur Seite gestellt) schnell an seine Grenzen.

„Die Zeit im Ausland hilft, sich weiterzuentwickeln.“

In den USA hat eine riesige Studie außerdem einen klaren Zusammenhang zwischen einer hohen Teamvielfalt (Alter und kultureller Hintergrund) und der Teamleistung herstellen koennen. Je diverser die Teams, desto niedriger die Chancen auf die Playoffs und Siege insgesamt (Timmermann, 2000). Die Gesamtleistung ist also mehr als nur die Summe aller Einzelleistungen. Diese hohe Abhängigkeit führt dazu, dass Fussball-, Volleyball-, oder auch Basketballspieler sehr viel auf dem Feld kommunizieren und interagieren müssen. Bei einem kulturell gemischten Kader und Trainerteam kann dies, wie bereits angesprochen, zum Hindernis werden und muss vom Trainer berücksichtigt werden. Der FC Bayern München, zum Beispiel, leistet da mit seinem multikulturellen Kader hervorragende Arbeit.

Der Weg ins Ausland im Profisport als Chance

Trotz all dieser Probleme und Frustrationen bietet der Weg ins Ausland für Sportler die Möglichkeit, ihre Sportkarriere aufzubauen, zu verbessern oder zu verlängern. Deshalb gerät auch jeder ins Schwärmen, wenn er oder sie gefragt wird, ob die Expatriation für Sportler weiter zu empfehlen sei.

„Es ist eine wunderbare Erfahrung und eine großartige Möglichkeit, auf der einen Seite den Horizont zu erweitern und auf der anderen Seite Freundschaften mit Menschen aus aller Welt zu knüpfen. In persönlicher und sportlicher Hinsicht hilft die Zeit im Ausland sich weiterzuentwickeln- die Herausforderung seinen persönlichen Komfortbereich zu verlassen, hat mich viel weitergebracht.“ beschreibt Jennie Clark, die momentan beim SC Freiburg in der Frauenbundesliga kickt, ihre Auslandserfahrung.

Der Profisport wird internationaler und damit auch interkultureller. Aber auch Profisportler haben, wie klassische Expats, im Ausland mit der Integration zu kämpfen. Besser vorbereitete Profisportler gepaart mit interkulturell kompetenten Trainern und der professionellen Unterstützung von Seiten des Managements können den Weg für eine erfolgreiche und fuer alle zufriedenstellende Zusammenarbeit ebnen, um dann eine optimale Teamleistung abzurufen.