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Impat-Management: Chancen und Hürden

Unternehmen, die dringend qualifiziertes Fachpersonal aus dem Ausland suchen, haben es zumindest in punkto Arbeitserlaubnis etwas leichter. Dank der neuen EU-Blue-Card hat sich das Verfahren vereinfacht. Personalverantwortliche sind nun in der Pflicht, neben einem Expatriate- auch ein Impat-Management aufzubauen. Vor welchen Herausforderungen und Risiken sie stehen, zeigt dieser Beitrag.

Die Schlagzeilen sind regelmäßig voll von dem alarmierenden Thema „Fachkräftemangel“. Deutschland will weiterhin eine Nation der Forscher, Erfinder und Global Player im weltweiten Wirtschaftssystem bleiben. Allerdings: Der zahlenmäßig knappe Nachwuchs in Deutschland braucht selbst bei bester Ausbildung Unterstützung aus dem Ausland, um den deutschen Wirtschaftsmotor weiterhin am Laufen zu halten. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit fehlen bis 2025 etwa 6,5 Millionen Fachkräfte; mindestens zwei Millionen davon müssten im Ausland rekrutiert werden. Allerdings kommen bisher nur wenige Hochqualifizierte nach Deutschland; die aktuell 16.151 Personen, die der Sachverständigenrat Deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) in seinem letzten Gutachten 2009 zählte, sind angesichts des tatsächlichen Bedarfs kaum der Rede wert. Hinzu kommt, dass es die so genannten Millennium-Kinder, also jene nach 1980 Geborenen, mehr als jede andere Generation vor ihnen ins Ausland zieht. Auch dort droht der Bundesrepublik mittel- bis langfristig wertvolles Fachpersonal verloren zu gehen. Besonders betroffen vom Fach- und Führungskräftemangel ist der deutsche Mittelstand.

Schneller Aufenthaltstitel dank EU-Blue-Card

Abbildung_1

Es hat viel zu lange gedauert, bis die Bundesregierung reagiert hat. Bis 2005 galt noch die Prämisse, Deutschland sei kein Einwanderungsland. Inzwischen ist die Rede von der so genannten Willkommenskultur. Ein Schritt zur Umsetzung dieser neuen Devise war die Einführung der EU-Blue-Card (auch Blaue Karte EU) im August 2012. Das Gesetz ist die Umsetzung einer entsprechenden EU-Richtlinie über Einreise und Aufenthalt von Drittstaatenangehörigen mit hoher Qualifikation (Richtlinie 2009/ 50/EG). Diese Regelung soll es Unternehmen erleichtern, gut ausgebildete ausländische Arbeitnehmer aus Ländern außerhalb der Europäischen Union (EU) und des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) einzustellen. So erhalten EU-Blue-Card-Besitzer mit der Aufenthaltsgenehmigung zugleich auch eine Arbeitserlaubnis. Ihre Ehepartner können ebenfalls ohne Wartezeit und vor allem ohne Nachweis deutscher Sprachkenntnisse hierzulande arbeiten (siehe Abbildung 1). Insbesondere für kleine und mittelständische Firmen bedeutet dies eine Entlastung bei der schnellen Suche nach Fachpersonal. Ein besonderer Vorteil des neuen Aufenthaltstitels: „Durch die Festlegung der Erteilungsvoraussetzungen beispielsweise wird das Blaue-Karte-Verfahren für potenzielle Arbeitgeber besser nachvollziehbar, Prozesszeiten können sicherer eingeplant werden. Dies erleichtert die Entscheidung zur Einstellung einer qualifizierten ausländischen Fachkraft“, sagt Marius Tollenaere, Rechtsanwalt bei der auf Aufenthaltsrecht spezialisierten Kanzlei Fragomen.

Was viele Unternehmen jedoch nicht wissen: „Auch wenn der Name anderes suggeriert, die EU-Blue-Card ist keine europaweit gültige Arbeitserlaubnis. Mit ihr ist lediglich die Arbeit bei nur einem Arbeitgeber im Ausstellerstaat erlaubt,“, sagt Omer Dotou vom Bund der Auslands-Erwerbstätigen (BDAE) e.V.. Entsprechend wird sie von derjenigen Ausländerbehörde erteilt, die für den späteren Wohnsitz der Fachkraft im Einsatzland zuständig ist. Vorteile gegenüber den normalen Aufenthaltstiteln haben die Karteninhaber trotzdem: „Bei der Weiterwanderung in andere EU-Mitgliedstaaten beispielsweise wird ihnen nach 18-monatigem Vorbesitz einer Blue Card des Erstlandes die Visumpflicht erlassen“, so Rechtsanwalt Tollenaere weiter

Professionelles Impat-Management gefordert

Der EU-Vorstoß, die weltweite, länderübergreifende Rekrutierung von Arbeitskräften zu fördern und zu vereinfachen, führt dazu, dass auf der Agenda von Personalabteilungen neben einem professionellen Expatriate-Management ein ebenso ausgefeiltes Impatriate-Management stehen sollte. In der Theorie heißt dies, eine systematische, firmeninterne Regelungsarchitektur zu schaffen, die alle Maßnahmen der Planung, Vorbereitung und Durchführung sowie Nachbereitung eines ausländischen Mitarbeiters zusammenführt. In der Praxis bedeutet das einen immensen Organisations- und Betreuungsaufwand, den die Verantwortlichen für den Impat stemmen müssen.

Abbildung_2Es gilt, Fragen zu klären, die unter anderem das Aufenthaltsrecht und die Arbeitsgenehmigung, die Sozialversicherung und steuerliche Behandlung sowie die interkulturelle Integration des ausländischen Mitarbeiters betreffen – um nur ein paar wesentliche Stichworte zu nennen (siehe Abbildung 2). „Wir holen zurzeit eine Ingenieurin aus Malaysia in unsere Niederlassung. Dass sie an unserem Wunschdatum tatsächlich bei uns anfangen kann, hängt von wahnsinnig vielen Stellen ab – sowohl intern als auch extern“, erläutert die Personalerin der Abteilung HR International eines großen Life-Science-Unternehmens. „Der Druck ist entsprechend groß, denn sowohl die ausländische Fachkraft als auch die Unternehmensabteilung, in der sie anfangen soll, wollen Gewissheit, dass alles positiv verläuft“, berichtet die Personalverantwortliche weiter.

Bei etlichen Behörden, darunter die Zentrale Auslandsvermittlung (ZAV), die deutsche Botschaft in Malaysia und die Ausländerbehörde hat die HR-Fachfrau Anträge eingereicht. Besonders frustrierend sei, dass die Botschaft keinen Auskünfte darüber erteilt, wie der aktuelle Bearbeitungsstand ist. Um den Aufenthaltstitel für die Ingenieurin zu beantragen, ist es zudem notwendig, ein aussagekräftiges Stellenprofil zu schreiben und das Projekt, in dem der Impat eingesetzt werden soll, zu beschreiben. Hinzu kommen Übersetzungen der Zeugnisse und des Lebenslaufes aus dem Malayischen ins Deutsche. „Parallel dazu gilt es außerdem, eine Wohnung für die Mitarbeiterin zu finden und ein Willkommenspaket zu schnüren, in dem beispielsweise das Monatsabo für den öffentlichen Nahverkehr enthalten ist“, so die Impat-Management-Expertin.

Fehler bei Aufenthaltsrecht: Es drohen harte Strafen

Der Druck bei der Eingliederung ausländischer Mitarbeiter ist unter anderem auch deshalb groß, weil auf Fehlern in der Abwicklung mehr als nur Ungemach folgt: Hat der ausländische Mitarbeiter etwa keinen korrekten Aufenthaltstitel, drohen ordnungs- oder sogar strafrechtliche Konsequenzen. So können Verstöße gegen das Aufenthaltsrecht oder gegen Visabestimmungen zur Ausweisung des Mitarbeiters und zu einer Wiedereinreisesperre gegen ihn führen. Die unerlaubte Beschäftigung eines Ausländers kann mit einer Geldbuße von bis zu einer halben Million Euro belegt werden und bis zu einen Ausschluss von öffentlichen Aufträgen für das Unternehmen gehen. Hier ist ein professionelles Risikomanagement gefragt. Denn selbst kleine Fehler in der Planung oder im Personalcontrolling können fatale Folgen haben. Vor dem Hintergrund sich kontinuierlich verändernder wirtschaftlicher Rahmenbedingungen und neuer gesetzlicher Regulierungen gewinnt die systematische Risikoanalyse immer mehr an Bedeutung. Doch kaum ein Personalverantwortlicher schafft es, alle Eventualitäten vorauszusehen. Neben Fachkenntnis sind oftmals auch technische Lösungen gefragt, um sich vor Verlusten durch unerkannte Risiken zu schützen.

Nicht zu unterschätzen bei der Einstellung ausländischer Fachkräfte in Deutschland ist auch das Thema Sozialversicherung. Ebenso wie bei der Auslandsentsendung stellt die Frage der Sozialversicherungspflicht auch beim Impat-Management Personaler vor Hürden. Unternehmen, die Mitarbeiter beispielsweise aus einer Tochtergesellschaft im Ausland nach Deutschland entsenden lassen, verlassen sich gerne darauf, dass die Sozialversicherungspflicht des Gastlandes in Deutschland »einstrahlt« und der Impat somit in seinem Heimatland sozialversicherungspflichtig bleibt – ein bequemer Weg, der jedoch nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen gegangen werden kann. Ob der Impat von der deutschen gesetzlichen Sozialversicherung erfasst wird, hängt hauptsächlich von seinem Herkunftsland und von den tatsächlichen Merkmalen des geplanten Einsatzes ab. Seine Staatsangehörigkeit dürfte keine Rolle spielen.

Kommt der Impat aus dem vertraglosen Ausland beziehungsweise aus einem Land wie Argentinien oder Südafrika mit denen Deutschland aufgrund des zu großen Niveauunterschieds kein Sozialversicherungsabkommen (SVA) geschlossen hat, gilt es zu prüfen, ob die tatsächlichen Merkmale der Beschäftigung in Deutschland die hiesige Sozialversicherungspflicht auslösen. So strahlt die Sozialversicherung des Gastlandes laut Paragraf 5 SGB IV nur dann ein,

  • wenn es sich um eine Entsendung im Rahmen eines im Ausland bestehenden Beschäftigungsverhältnisses handelt und
  • die Dauer der Beschäftigung im Voraus zeitlich befristet ist (siehe auch Abbildung 3).

Ist auch nur eine einzige dieser Voraussetzungen nicht erfüllt, liegt keine Einstrahlung der Sozialversicherungspflicht vor und der Impat muss komplett ins deutsche System übertreten. Erfüllt der Einsatz in Deutschland jedoch die Voraussetzungen der Einstrahlung, dürfte dies in der Regel nicht zu einer ausreichenden Absicherung in der Bundesrepublik führen. Da der gesetzliche Versicherungsschutz in dem Fall ausgeschlossen ist, bleibt nur der Abschluss entsprechender privater Versicherungen. Das Problem ist: Es gibt keine Behörde hierzulande, die diese Voraussetzungen prüft. Dort hilft nur noch, Experten auf dem Gebiet der internationalen Sozialversicherung wie die BDAE GRUPPE ins Boot zu holen.

Entsendebescheinigung für Impats nicht vergessen

Unternehmen, die Impats aus den europäischen Ländern in Deutschland beschäftigen, müssen dafür sorgen, dass die ausländischen Mitarbeiter die entsprechende Entsendebescheinigung (A1 -Bescheinigung) und die internationale Krankenversicherungskarte (EHIC) mitführen. Dieser Nachweis (A1), erhältlich bei der zuständigen Krankenkasse oder Behörde im entsendenden Staat, ist essentiell. Denn stellt sich bei einer Betriebsprüfung heraus, dass das Papier nicht vorliegt, so muss das Unternehmen neben den Sozialversicherungsbeiträgen im Heimatland des Impats zusätzlich und nachträglich auch Beiträge ins deutsche Sozialversicherungssystem einzahlen – ein mitunter teurer Spaß.

Abbildung_3Besonderheiten bestehen bei Entsendungen aus so genannten Abkommensstaaten, also aus jenen Ländern, mit denen Deutschland ein bilaterales Abkommen über die Sozialversicherungspflicht geschlossen hat. Ob eine Entsendung nach Deutschland im Sinne des Abkommens vorliegt, prüft die ausländische zuständige Behörde und zwar nur über die vom Abkommen erfassten Versicherungszweige und stellt den entsprechenden Nachweis aus. Bei einem Impat aus Indien beispielsweise beträfe dies lediglich die Renten- und Arbeitslosenversicherung. In Sachen Kranken- und Pflegeversicherung entscheidet die deutsche Krankenkasse als Einzugsstelle, über die Unfallversicherung die zuständige Berufsgenossenschaft.

Wie beim Expat-Management auch gilt für die Koordinierung der Entsendung von Impats: Personalverantwortliche sollten die Klaviatur der Rechtsvorschriften beherrschen, denn fehlende Nachweise und falsch abgeführte Beiträge führen stets zu Bußgeldern und nachträglich zu entrichtenden Beiträgen. Professionelle Dienstleister wie die auf Entsendeberatung spezialisierte BDAE GRUPPE kennen die rechtlichen Voraussetzungen für ein erfolgreiches Impat-Management und weisen auf mögliche Fallstricke hin.

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