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Steuerpflicht in Deutschland auch bei Auslandsaufenthalt?

Expatriates und Auswanderer müssen häufig weiter Steuern an den deutschen Fiskus abführen. Warum das so ist, erläutert Bettina Ohlwein, Expertin für internationales Steuerrecht.

„Ich bin dann mal weg und habe mich beim Meldeamt abgemeldet, damit ist doch alles okay oder?“ So oder so ähnlich starten viele Beratungsgespräche, wenn es um die steuerlichen Aspekte eines Umzugs ins Ausland geht. Doch ist das wirklich so?

Entscheidend ist der Wohnsitz

In Deutschland ist die Frage nach dem Umfang der Steuerpflicht stets an den Wohnsitz geknüpft. Konkret: Sobald Sie hierzulande aus steuerrechtlicher Sicht einen Wohnsitz haben, sind Sie mit Ihrem auf der gesamten Welt erzielten Einkommen in Deutschland steuerpflichtig. Und das selbst dann, wenn Sie in dem betreffenden Jahr gar nicht persönlich in Deutschland gewesen sind. Im Fachjargon sprechen die Steuerexperten in einem solchen Fall von der unbeschränkten Steuerpflicht. Und das ist nicht nur in Deutschland so. Die meisten Länder stellen auf ähnliche Konzepte ab, die den Wohnsitz in den Mittelpunkt rücken. Prominente Abweichungen von dieser Methode stellen beispielsweise die USA dar: Um dort mit seinem gesamten weltweiten Einkommen steuerpflichtig zu sein, genügt bereits die US-Staatsbürgerschaft oder auch der Besitz einer Green-Card.

Auf Doppelbesteuerungsabkommen achten

Doch zurück nach Deutschland. Was genau ist ein Wohnsitz im steuerlichen Sinne und warum ist dieser so wichtig? Entscheidend ist die Wohnsitzfrage vor allem dann, wenn Sie in ein Land umziehen, das keine Vereinbarungen zur Vermeidung von Mehrfachbesteuerung derselben Einnahmen mit Deutschland abgeschlossen hat (sog. Doppelbesteuerungsabkommen) dazu gehören unter anderem Hongkong oder Brasilien. Oder Sie lassen sich in einem Land nieder, mit dem Deutschland zwar ein Doppelbesteuerungsabkommen hat, in dem aber die Anrechnung der ausländischen Steuer auf die deutsche vorgesehen ist (so zum Beispiel beim Abkommen mit Dubai). In diesen Fällen müssen Sie in Deutschland die Steuererklärung abgeben und die im Ausland erzielten Einkünfte dem deutschen Steuersatz unterwerfen – immer vorausgesetzt es liegt ein Wohnsitz in Deutschland vor. Klingt kompliziert? Ist es auch!

Keine Wohnung – keine Steuerpflicht?

Steuerrechtlich definiert ist der Wohnsitz als Wohnung, die jemand innehat und über die man verfügen kann. Was bedeutet dieses Juristendeutsch in der Praxis? Wenn Sie aus Deutschland wegziehen und Ihre bisherige Wohnung komplett aufgeben – also ausziehen, den Mietvertrag kündigen oder bei Eigentum dieses verkaufen oder vermieten – dann haben Sie praktisch keinen Ort mehr, wo Sie jederzeit Zuflucht suchen können und damit auch keinen Wohnsitz mehr. In einem solchen Fall sind Sie nur noch dann in Deutschland steuerpflichtig, wenn Sie Einnahmen haben, die direkt Deutschland zuzuordnen sind. Dazu zählen etwa auch die Einnahmen aus der nun vermieteten Immobilie. Es besteht hingegen in der Regel keine Steuerpflicht hinsichtlich der Einkünfte die Sie im Ausland erzielen.

Abmeldung bei Einwohnermeldeamt unerheblich

Behalten Sie hingegen Ihre Wohnung in Deutschland – sei es weil die Familie hier bleibt oder Sie wissen, dass eine vergleichbare Immobilie bei Ihrer Rückkehr nur schwer zu finden ist – dann haben Sie definitiv einen Ort in Deutschland, an den Sie jederzeit zurückkehren können und in dem vielleicht noch persönliche Sachen stehen. Über diesen Ort können Sie im Juristendeutsch „verfügen“, das heißt: Sie haben den Schlüssel und können entscheiden, wen Sie durch die Tür lassen und wen eben nicht. Die steuerrechtliche Konsequenz: Somit haben Sie einen Wohnsitz und sind daher auch unbeschränkt steuerpflichtig. Es ist im Übrigen aus steuerrechtliche Sicht völlig unerheblich, ob Sie sich bei der Gemeinde abgemeldet haben oder nicht.

Auch Ferienwohnung kann Wohnsitz sein

Kleiner Hinweis am Rande: Auch eine Ferienwohnung ist eine Wohnung und kann daher einen Wohnsitz begründen. Die Ferienwohnung auf Sylt oder Rügen sollten Sie deshalb ebenso berücksichtigen wie die Hauptwohnung in Hamburg, Frankfurt oder Garmisch-Partenkirchen. tatsächlich soll es schon bekannte Persönlichkeiten gegeben haben, die darüber gestolpert sind. Ebenso kann auch eine regelmäßige Unterkunft mit eigenen Zimmern bei Familienangehörigen zu einem Wohnsitz führen. Auch dazu sind schon Fälle durch die Presse gegangen. Und mangelnde Prominenz schützt niemanden davor, dass beispielsweise ein unliebsamer Nachbar oder ein Ex-Partner Verstöße beim Fiskus „meldet“.

Unser wichtiger Tipp daher: Bevor Sie ins Ausland gehen, fragen Sie nicht nur Ihren Arzt oder Apotheker, was Sie in dem neuen Land beachten müssen – fragen Sie auch Ihren Steuerberater, was Sie steuerrechtlich beachten müssen. Die Antwort ist unterschiedlich je nachdem wo es Sie hinzieht, aber die Frage ist es immer wert, rechtzeitig gestellt zu werden!

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Die Autorin:

Bettina Ohlwein ist Diplom Wirtschaftsjuristin (FH) und Fachberaterin für Internationales Steuerrecht.

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