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Expat-Bericht: Mit der Roadmap für Onboarding im Ausland ankommen

Der Entsendungsvertrag ist nach gefühlten tausend Anpassungen endlich im Sack. Dein Ausreisetermin steht fest und du verabschiedest dich langsam von deinem Pencil Skirt. Zu dieser Entscheidung kann man dir nur gratulieren! Auch wenn du vermutlich einen Teil deiner geliebten Unabhängigkeit für die nächste Zeit an einen überdimensionalen Nagel hängst… bekommst du gleichzeitig die einzigartige Chance, dich und deinen Alltag einfach ganz neu zu erfinden.

Als mir vor einigen Monaten bewusst wurde, dass meine kleine Firma aufgrund unserer Entsendung die nächsten Jahre maximal noch auf winzigem Sparflämmchen laufen würde, war das definitiv keine gute Nachricht! Nicht nur, weil die mühsame Aufbauarbeit der letzten Jahre plötzlich ihren Wert zu verlieren drohte. Der Punkt war vor allem, dass ich plötzlich für die nächste Zeit keine wirkliche Aufgabe mehr haben würde – mal abgesehen von irgendwelchen repräsentativen Aufgaben als „Mr. Petschke’s wife “ sowie den üblichen Hausfrauentätigkeiten, in denen ich ohnehin noch nie überzeugen konnte (und wollte)! Anders gesagt: ich fühlte mich perspektiv- und orientierungslos und hatte Angst vor dem Nichts, das mich in der Fremde erwarten würde.

Eine Pre-Kulturschock-Phase

So befand ich mich eine Zeit lang paralysiert in einer Art Pre-Kulturschock-Phase (die hat die Wissenschaft bisher noch nicht erforscht) und zwar in doppelter Hinsicht: Meine deutsche Kultur würde logischerweise in Istanbul eine gewisse Anpassungsleistung erbringen müssen, klar! Aber auch meine persönliche Identität als emanzipierte, unabhängige Frau würde durch meine zukünftige – eher traditionelle – Rolle grundlegend in Frage gestellt werden. Und im schlimmsten Fall eine Krise bekommen… Es sei denn, ich hätte einen „Pro-Identitäts & Contra-Cultureshock Masterplan“!

Hier ist sie: deine Roadmap für erfolgreiches Onboarding

Onboarding ist ein moderner Begriff aus dem Personalmanagement. Er beschreibt den Anpassungsprozess des Mitarbeiters an eine neue Position oder auch einen neuen Arbeitgeber. Weiterhin sind damit alle Maßnahmen gemeint, die dazu führen, dass sich der Mitarbeiter möglichst gut und zügig integriert und dadurch schnell seine maximale Leistungsfähigkeit erreicht.

Die PencilSkirt Onboarding-Roadmap erleichtert dir den Anpassungsprozess in deinem neuen Umfeld (neue Kultur + neue Rolle) und hilft dir, deine Entsendung gezielt für dich, deine individuellen Bedürfnisse und Ziele zu nutzen. Nimm dir zwei-drei Stündchen Zeit und suche dir einen Platz, an dem du ungestört bist und dich wohl fühlst. Schnapp dir Zettel & Stift oder deinen Laptop, dein iPad oder irgendwas anderes, womit du deine Ideen festhalten kannst. In drei simplen Schritten wirst du:

  1. deine individuellen Motivationsfaktoren kennen lernen. Du machst die Dinge greifbar, die in deinem Leben wirklich wichtig sind. Und zwar nicht nur im Jetzt, sondern auch zukünftig im Ausland.
  2. deine absoluten Must-Haves definieren. Du konkretisierst, welche Schritte notwendig sind um deinen angestrebten Zielzustand zu erreichen.
  3. deine persönliche ToDo-Liste erstellen. Du planst Maßnahmen, die du ergreifen wirst um deine Ziele zu erreichen und dich in deinem neuen Leben wohlzufühlen.

STEP 1: BESTIMME DEINE MOTIVATIONSFAKTOREN

 

Onboarding_1

Welche Dinge sind dir wichtig, wonach strebst du im Leben? Klar gibt es jede Menge Dinge im Leben, die Einem wichtig sind! Leckeres Essen zum Beispiel. Oder Sport treiben. Oder chice Klamotten. Darum geht es an dieser Stelle aber nicht – leider.

Im ersten Schritt machst Du Dir Gedanken über die Dinge, die dich antreiben im Leben. Was ist es, wonach du strebst? Zur Inspiration: Menschen können unter anderem nach Nähe und Distanz, Sicherheit und Risiko, Freiheit und Verantwortung, Routine und Abwechslung und vieles mehr streben. Was motiviert dich, gerade die Dinge zu tun, die du tust? Der Übersichtlichkeit halber solltest du dich hierbei zunächst auf die wichtigsten Motivationsfaktoren beschränken, 3 – 4 sind für den Anfang absolut ausreichend.

Nehmen wir mal an, du hast drei elementare Motivationsfaktoren für dich bestimmt:

  • Du strebst nach UNABHÄNGIGKEIT. Weil Du emanzipiert bist und eigenständig handeln möchtest.
  • Du strebst nach ANERKENNUNG. Weil du dir von deinem Umfeld Bestätigung und Respekt wünschst.
  • Du strebst nach ZUGEHÖRIGKEIT. Weil du dich geborgen und sicher in deinem sozialen Umfeld fühlen möchtest.

Ok… Du kennst jetzt deine Haupt-Motivationsfaktoren oder anders gesagt: Du hast jeweils einen für dich erstrebenswerten Zielzustand beschrieben. Next step…

STEP 2: DEFINIERE DEINE MUST-HAVES

 

Onboarding_2Was brauchst du, um deinen angestrebten Zielzustand zu erreichen? Im zweiten Schritt schaust du dir deine Motivationsfaktoren etwas näher an. Finde heraus, was genau du brauchst um den angestrebten Zielzustand zu erreichen (im Beispiel jeweils Unabhängigkeit, Anerkennung, Zugehörigkeit).

Würde man mich heute fragen, wann sich bei mir der Zielzustand Unabhängigkeit (bzw. das Gefühl der Unabhängigkeit) einstellt, dann würde ich vermutlich antworten:

  • Wenn ich einen selbstbestimmten Tagesablauf habe und autonom arbeiten kann (was glücklicherweise als Selbstständige meist der Fall ist).
  • Wenn ich eine Aufgabe habe, die mich ausfüllt und fordert (Projekt, Auftrag…).
  • Wenn ich einen (eigenen, großen und möglichst vielfältigen) Freundeskreis habe.
  • Wenn ich meinen Hobbys nachgehen kann wann immer mir danach ist (Selbstständigkeit sei Dank).
  • Wenn ich über ausreichend eigene – bestenfalls selbst verdiente – finanzielle Mittel verfüge (eine der ganz großen Herausforderungen jedes Expat Partners).

Bisher hast du definiert, was deine größten Motivationsfaktoren im Leben sind – also welchen idealen Zielzustand du anstrebst. Und du hast konkretisiert, was genau du brauchst um diesen Zustand zu erreichen (bzw. zu fühlen). In Schritt 3 wirst Du jetzt einen Maßnahmenplan erstellen, der dich deinem Ziel ein ganzes Stück näher bringt.

STEP 3: ERSTELLE DEINE PERSÖNLICHE TO-DO LISTE

 

Onboarding_3Welche konkreten Maßnahmen musst du ergreifen? Du strebst nach Anerkennung? Deine wichtigsten Must-Haves um dich anerkannt zu fühlen sind ein interessanter Freundeskreis und ein anspruchsvoller Job? Perfekt! Dann erarbeite jetzt deine persönliche To-Do-Liste um genau das zu bekommen! Stelle dir ganz konkret die Frage: „Was genau muss ich tun um mir vor Ort meinen Freundeskreis aufzubauen/meinen Traumjob zu finden?“

Lass deiner Kreativität freien Lauf und ziehe alle Möglichkeiten in Betracht, egal wie schwierig sie dir zunächst erscheinen (die Umsetzbarkeit wirst du anschließend bewerten). Hier beispielhaft als Inspiration meine ToDos um im Ausland schnell Kontakte zu knüpfen:

  • Durchforste Facebook nach Communities und Events am Zielort. In jeder größeren Stadt gibt es regelmäßige Treffen, z.B. für Businessfrauen, Newcomer, Mütter… Melde dich schleunigst an, so hast du schon den ersten verbindlichen Termin. (https://www.facebook.com/Brucke, https://www.facebook.com, http://www.iwi-tr.org)
  • Finde Personen mit gleichen Interessen und recherchiere Aktivitäten und Termine. (Sport, Kunst, Theater… http://www.internations.org) Wenn Du Verantwortung suchst: überlege, wie du dich selbst engagieren könntest.
  • Verschaffe dir vorab einen Überblick über Land & Leute (Kultur, Lifestyle, Geografie, Kunst…). Das vermittelt dir schnell und einfach ein umfangreiches Smalltalk-Themen-Repertoire (und ist ohnehin eine Frage der Neugier).
  • Eigne dir ein Minimum an interkulturellem Know-How an um zu wissen, wie persönliche Beziehungen in der neuen Kultur aufgebaut werden oder was es zu vermeiden gilt (und vor allem warum). Am besten besuchst du ein interkulturelles Entsendungstraining oder beschäftigst dich mit einschlägiger Literatur.
  • Lerne die Landessprache. Auch wenn die ersten Kontakte im Zielland vermutlich englischsprachig sein werden, Grundkenntnisse der jeweiligen Landessprache sind Voraussetzung für eine erfolgreiche Integration in einer neuen Kultur.

Maßnahmen-Liste fertig? Phantastisch! Nun nimmst du dir deine Liste und priorisierst die ToDos nach Schwierigkeit. Du kannst z.B. einfache ToDos mit grün markieren (z.B. in Facebook Expat-Groups recherchieren) und schwierige mit einem roten Marker (z.B. eine Arbeitsgenehmigung bekommen). So identifizierst du ganz schnell die Punkte, die du easy umsetzen kannst und die, die problematisch werden könnten. Starte mit den einfachen Dingen, die Dir Spaß machen. Das bringt dir direkt zu Beginn schnelle Erfolge und motiviert dich zum Weitermachen. Die vermeintlich problematischen setzt du auf Wiedervorlage. Sie werden sich nach und nach vereinfachen und dir mit der Zeit – und größerer Routine – plötzlich viel unkomplizierter erscheinen (Glaub mir!).

Wie deine Liste aussieht, überlasse ich deiner Kreativität. Wichtig ist nur, dass du sie wie einen Routenplan immer auf dem Beifahrersitz behältst. So lang, bis du angekommen bist. Wenn du dich verfährst, ändere deine Route. Wenn du ein Etappenziel erreicht hast, hake es ab. Wenn es am Straßenrand interessante Dinge zu entdecken gibt, mach’ einen Zwischenstopp. Ich persönlich habe meine Liste übrigens auf Flipchart-Papier geschrieben und in meinem Büro aufgehängt. Immer im Blick…

Was sie mir gebracht hat, meine Roadmap für Onboarding? Ganz klar:

1. Transparenz über die Dinge, die mir Stabilität geben im Leben. Und zwar jetzt und auch zukünftig noch eine ganze Weile. Egal wo!

2. Konkrete Ziele, die ich dafür zu erreichen habe. Denn wenn mich im unbekannten und unbequemen Umfeld mal die Faulheit packt, motivieren mich diese Ziele zu Taten.

3. Einen gut strukturierten Tagesablauf. Meine ToDo-Liste ist lang und lässt keine Zeit für Müßiggang. Und das ist auch gut so, denn Gefühle wie Langeweile und Nutzlosigkeit haben keine Chance…

Fazit: Wir Expat-Frauen haben die wunderbare Chance eine vorübergehende Zeit unseres Lebens und unserer Karriere vollkommen frei, kreativ und selbstbestimmt planen zu können. An uns also, das Beste daraus zu machen!

Die Autorin:

Constance Grunewald-Petschke betreibt den Blog www.what-about-my-pencilskirt.com, auf dem sie regelmäßig über ihr neues Leben als Expat-Frau in Istanbul berichtet. Sie ist außerdem Inhaberin der Agentur „Abroad [relocation.interculture.language]“, die Expats und ihre Familien berät.

E-Mail: c.grunewald@xpat-abroad.com

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Foto: © bloomua – Fotolia.com