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Young architect is pointing at something while holding blueprints

Personal in China: Vom Wanderarbeiter zum Ingenieur

80 Prozent der in China tätigen deutschen Unternehmen betrachten den Bereich Personalrekrutierung als eines ihrer größten Probleme. Das hat eine aktuelle Geschäftsklima-Umfrage der Außenhandelskammer (AHK) ergeben.

Ursächlich für diese Situation ist unter anderem der stetige Aus- und Aufbau von Marketingabteilungen, Vertriebsteams sowie F&E Abteilungen in China. Dieses Wachstum in bisher weniger stark entwickelten Unternehmensbereichen ändert das Rekrutierungsprofil deutscher Unternehmen in China radikal. Vom Wanderarbeiter zum Ingenieur lautet das Ziel.

Der Mangel an adäquatem Personal betrifft mittlerweile nahezu alle ausländischen Unternehmen in China. Die Gründe sind vielfältig, aber eindeutig identifizierbar. So wird die Zahl der verfügbaren Absolventen chinesischer Hochschulen den Bedarf mittel- und langfristig nicht decken können. Auch, weil nach Expertenmeinungen nur zehn Prozent von ihnen den Anforderungen international aktiver Unternehmen entsprechen.

Für viele ausländische Unternehmen in China wird dieser „Talent-Gap“ zu einem existenziellen Problem. Nicht nur aufstrebende chinesische Wettbewerber – auch fehlendes Personal führt zu einer Verlangsamung des Unternehmenswachstums. Doch auch andere Themen des Personalmanagements stellen neue Herausforderungen an das Management und die Fachverantwortlichen.

Viele Universitäten Chinas lehren praxisfern

Nachweislich geht das Wachstum der chinesischen Wirtschaft nicht mit einer Qualitätssteigerung des Bildungssystems einher. Unbestritten ist die Existenz hochkarätiger Hochschulen in China, doch die Zahl der Absolventen ist im Vergleich zum Bedarf zu gering. Die Großzahl der chinesischen Universitäten lehrt weiterhin praxisfremd und bereitet die Absolventen nicht auf eine Tätigkeit in international agierenden Unternehmen vor. Das nicht existierende duale Ausbildungssystem, einhergehend mit einer geringen Wertschätzung handwerklich-technischer Ausbildungsberufe erschwert zudem die Besetzung klassischer Facharbeiterpositionen in Produktion oder Service. Der in der Vergangenheit für einfache Montagetätigkeiten eingesetzte Wanderarbeiter hat in Ermanglung einer fundierten Berufsausbildung Schwierigkeiten, sich mit der Arbeit an einem CNC Bearbeitungszentrum anzufreunden.

Deutsche Unternehmen können mit flachen Hierarchien punkten

Erschwerend kommt eine stetig steigende Attraktivität chinesischer Arbeitgeber hinzu. Diese nehmen mittlerweile eine dominierende Rolle im Ranking der beliebtesten Arbeitgeber in China ein. Gehörten vor fünf Jahren vornehmlich ausländische Unternehmen zu den bevorzugten Arbeitnehmern, so finden sich mittlerweile mehr chinesische Unternehmen wie ZTE, Lenovo, China Mobile und andere im Ranking wieder. Ausländische Unternehmen sind etwa gefordert, das Employer-Branding zu stärken, um somit aus der Masse der Arbeitgeber als interessante Alternative hervorzustechen. Auch in China kann eine Tätigkeit in einem deutschen Mittelständler mit flachen Hierarchien und dynamischer Entwicklung durchaus sexy sein.

Die große Zahl der chinesischen Studierenden im Ausland – in Deutschland knapp 25.000 – bildet mittlerweile einen ebenso interessanten Rekrutierungspool für Positionen in China. Spezialisierte Recruitingmessen wie die SinoJobs Career Days setzen genau dort an und verhelfen deutschen Unternehmen zu den idealen chinesischen Kandidaten mit deutscher Ausbildung

Personal in China: Halten statt rekrutieren

Insbesondere die junge chinesische Generation Y stellt Unternehmen vor neue Herausforderungen. Die gut ausgebildeten Arbeitnehmer streben nach Anerkennung in der chinesischen Welt, die durch ein hohes Einkommen und respektable Positionen definiert wird. Sie erwarten von ihren Arbeitgebern klare Entwicklungspotenziale verbunden mit herausfordernden Aufgaben. Hinzu kommen Themen wie Work Life Balance und Vereinbarkeit von Beruf und Familie: Nicht um jeden Preis werden lange Arbeitswege, 60-Stunden Wochen und eine große Entfernung zur Heimatprovinz toleriert. Jährliche Boni, Neujahrsfeiern und ein aktives Firmenleben wird erwartet

Es ist deutlich abzusehen, dass sich China weiter hin zu einem Arbeitnehmermarkt entwickelt, in dem Unternehmen die Klaviatur der Mitarbeiterbindung in seinen chinesischen Ausprägungen spielen müssen. Unternehmen die hier sehr auf die bisher funktionierenden Strategien vertrauen, werden Schwierigkeiten haben, chinesische Talente an ihr Unternehmen zu binden.

Der Autor:

Dirk Mussenbrock ist Geschäftsführer der auf den Markteintritt in China spezialisierten Beratungsgesellschaft Mussenbrock & Wang sowie Initiator der Sino HR Conference und der SinoJobs Career Days.

Veranstaltung:

2. Deutsch-Chinesische Personalkonferenz
Aktuelle Entwicklungen des deutsch-chinesischen Personalmanagements
17. April 2013 – Frankfurt.
www.sino-hr-conference.de

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Foto: © Paulus Nugroho R – Fotolia.com